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Das Buch ist fertig, jetzt muss nur noch das passende Cover
her. Nicht nur als Self Publisher sondern auch als Verlag hat man heutzutage die
Qual der Wahl. „Früher“, das heißt 2010, war die Anzahl von Coverdesignern, die
explizit für Indies gestaltet haben, überschaubar. Um ehrlich zu sein hatte ich
das Gefühl, wir die Designer, wären ein kleiner Mikrokosmos innerhalb des
Indie-Ökosystems, das sich untereinander sehr gut kannte.
Seitdem das Geschäft mit dem Self Publishing boomt, sprießen aus allen Ecken neue Coverdesigner, die ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Man sagt, Konkurrenz belebt das Geschäft, doch wirklich belebt wird hier gar nichts, denn das Motto der "neuen" Designer lautet:
Preise drücken bis zum Exzess!
Wer sich 10 Minuten Zeit nimmt, um ein unschlagbar günstiges Premade oder ein
Billig-Designer zu suchen, wird bei Facebook schnell über Gruppen stoßen, in denen ein Angebot das nächste jagt. Es scheint, als wüssten die Designer gar nicht, wohin
mit all den 2 Cent Cover, die sie jeden Tag in die Weiten des Indie-Ökosystems
schleudern.
Mich hatte diese Entwicklung bis vor Kurzem nie wirklich gestört, denn trotz
Schlussverkauf, ist meine Auftragslage immer recht gut gewesen. Die meisten meiner Kunden sind sogar Wiederholungstäter.
Doch was mich dann sprachlos zurückgelassen hat, ist wie dieser Trend das Verhalten und die Erwartungen vieler Autoren prägt.
»Ich wollte doch nur ein einfaches, romantisches Cover mit
einem Model und einer Skyline. Das sind für dich doch nur 20 Minuten Arbeit und
dafür willst du 140€?«
»Wie Rechtfertigst du diesen Preis?«
Ja, wie rechtfertige ich diese Preise? Um ehrlich zu sein
habe ich mir oft darüber Gedanken gemacht und wusste manchmal nicht, wie ich auf
diese Frage antworten sollte.
»Naja, das ist halt Arbeit und ich habe da auch noch Kosten
und so ...«, waren sehr schwache Argumente, die selbst mich und vor alledem den
Kunden unbefriedigt zurückgelassen haben.
Also habe ich mich hingesetzt und mal für euch
durchgerechnet, was so ein Buchcover in Wirklichkeit kostet.
Hand aufs Herz
Gehen wir jetzt mal davon aus, dass eine Autorin zu mir
kommt, die sich genau das oben beschriebene Cover wünscht.
Gesucht wird also ein Design mit einem Model, einer Skyline
und mit dem romantischen „Etwas“.
Wenn wir die Wartezeit ausklammern, dann bräuchte ich von
der Kontaktaufnahme, über die Entwürfe bis hin zum fertigen Cover im Schnitt eine Woche.
Ich kann an einer Hand abzählen, wie viele Cover ich in den
letzten 5 Jahren mit nur einem Entwurf fertig gestellt haben. Gehen wir also
von mindesten 3 Entwürfen aus, welche die Autorin von mir bekommt. Falls es jemand von euch interessiert: der Auftrag mit den
meisten Entwürfen geht an einen Verlag und es waren über 60 Stück – kein Scherz.
Aus den vermeintlichen 20 Minuten ist plötzlich 1 Stunde
Arbeit geworden. Da ich als Designerin aber viel probieren muss, werden aus dieser
1 Stunde reiner Photoshop-Zeit gerne mal das Doppelte. Wir sind also bereits
bei 2 Stunden für 3 Entwürfe.
Warum das immer noch Wunschdenken ist!
Für jeden Entwurf brauche ich jeweils 3 Bilder. Eine
Skyline, ein Model und das gewissen romantische Etwas. Macht insgesamt 9
Bilder.
Warum das relevant ist? Nun, obwohl ich am Ende nur 3 Bilder wirklich
kaufe, müssen diese 9 Bilder erst mal gefunden werden. Und wenn wir
Cover-Designer uns über eine Sachen einig sind, dann ist es das: Die Sucher von passenden Motiven ist oft zeitaufwändiger als das Gestalten an sich.
Wenn man es nicht ausgetestet hat, kann man sich nie sicher sein, ob ein Bild am Ende wirkt oder nicht.
Rechnen wir also bei 9 Bildern mit mindestens 2 bis 3
Stunden exzessives durchforsten von Stock-Anbieter. Hinzu kommt noch das
Feedback der Autorin, die logischerweise ihre ganz eigenen Vorstellungen von
der Protagonistin hat und sich einfach nicht mit der Augenform des ausgesuchten
Models anfreunden kann. Da ich selber Autorin bin, kann ich das durchaus
verstehen, meistens endet es aber so, dass man tagelang E-Mails mit Bildervorschlägen
hin und her schickt, bis etwas passendes dabei ist. Am Ende nehmen diese E-Mails oder auch Facebook-Nachrichten auf die Woche verteilt mindestens 1 bis 2 Stunden in Anspruch.
Mit 20 Minuten ist das Ganze nicht wirklich getan
Jetzt fängt der Spaß aber erst richtig an. Ich bin
selbständig, das bedeutet, auf mich kommen sehr viel Kosten zu. Fangen wir klein
an:
Das zu gestaltende Cover braucht 3 Bilder. Ich beziehe die
meisten meiner Stocks von Shutterstock und bezahle für 5 Motive 39 €. Das
bedeutet für 3 Bilder zahle ich 23,40 €. Wie fast jeder Grafiker arbeite ich mit
den Programmen der Adobe Creative Cloud. Um Photoshop und dessen Geschwister zu
nutzen, zahle ich deswegen 29,99 € im Monat. Wenn ich also davon ausgehe, dass ich für 30
Tage Photoshop besagte Summe zahle, dann bleche ich für 7 Tage ca.7 €.
Um große Daten wie Buchumschläge und ganze Photoshop Dateien
an den Kunden zu bringen, benutze ich den Anbieter Dropbox. Dort lade ich die
Cover hoch und verschicke dann ganz einfach einen Downloadlink. Das 1TB Jahresabbo für
Dropbox kostet mich 99 €. Obwohl das Cover länger als eine Woche in der Dropbox
bleibt, nehmen wir als Referenz wieder die 7 Tage, die ich an dem Projekt
arbeite. 99 € / 365 Tage x 7 Tage = ca. 1,90 €
Da viele Stock-Anbieter ihren Sitz in den USA haben, kann ich leider
nicht mit normaler Banküberweisung zahlen und musste mir deswegen eine Kreditkarte zulegen. Das sind 22 € im Jahr. 22€ / 365 Tage x 7 Tage = 0,42
Cent.
Ich war immer sehr zufrieden mit der kostenlosen Version von
Avira, als ich mal einen Virus hatte, der mich komplett lahm gelegt hat, habe
ich dann in ein Antivirus-Programm ausschließlich für meine Arbeit investiert.
Ich habe mich für Kasperski entschieden, das sind nochmal 69,95 € im Jahr ...
Ich glaube man sieht worauf ich hinaus will. Um diesen Text nicht unnötig in die Länge zu ziehen, habe
ich euch hier mal alle Kosten anteilig zusammengerechnet.
Bilder:
23,40 €
Kreditkarte: 0,40 € (22 €/jahr)
Adobe Cloud: 7 € (29,99 €/Monat)
Dropbox: 1,90 €
1und1 Webseite: 2,30 € (9,99 €/Monat)
Kasperki: 1,30 € (69,95 €/Jahr)
Steuererklärung: 15,34 € (800 €/Jahr)
Externe-Festplatte: 1,05 € (55 €/Jahr)
Handy: 2,91 € (25 €/Monat, davon 50% geschäftlicher Anteil macht 12,50 €)
--
55,60 €
Und
das ist nur die Summe, die ICH zahle, denn zum Glück lebe ich noch bei meinen
Eltern und bin bei der Familienkasse versichert. Würde ich ganz auf eigenen
Beinen stehen, wie zum Beispiel meine Cover-Kollegin Juliane Schneeweiss, kämen noch folgende Kosten hinzu:
Krankenkasse: 84 € (360€/Monat)
Miete: 70 € (300€/Monat)
Strom: 9,30 € (40€/Monat)
Internet: 9,30 € (40€/Monat)
--
172,60€
Wenn man das zusammenrechnet sind das 228,20 € an Kosten - für 1 Cover!
Mir ist klar, dass man
in einer Woche nicht nur ein Cover-Projekt bearbeitet und die Kostenverteilung im Einzelnen viel komplexer ist. Aber trotzdem. Um auf die Frage meiner Beispiel-Kundin
zurück zu kommen:
Wie rechtfertige ich 150 € für ein 20 Minuten Cover?
Gar nicht! Denn in der Regel
gibt es bei mir keinen 20 Minuten Cover. Rechnen wir die Zeit, die ich in
Photoshop verbringe, den Aufwand für die Bilder und den E-Mail-Verkehr zusammen,
käme ich auf ca. 7 Stunden Arbeitszeit. Das wären in diesem Fall ca. 12 € pro Stunde
(84 €) plus die anfallenden Kosten von 55,60 €. Das Ganze macht dann zusammen 139,60 €.
Für die 0,40 €, die ich zu viel nehme, habe ich diebische Elster mir ein Stückchen
Zucker für mein Tee gegönnt ;-)
Wer jetzt noch Lust hat, kann sich in dem folgenden Video ansehen, wie so ein Buchcover in Zeitraffer entsteht.
